Storytelling – in sieben Akten

Egal, für wen wir eine Geschichte schreiben, ob für uns selbst, um Produkte zu vermarkten oder Unternehmenswerte zu vermitteln: Eine gute Story erreicht nicht nur den Verstand, sondern vor allem das Herz. Wenn es uns gelingt, die Leser:innen in unsere Bilderwelt mitzunehmen, aktivieren wir ihre Vorstellungskraft. Wir emotionalisieren den Inhalt und sorgen dafür, dass das, was erzählt wird, berührt und hängen bleibt.

Märchen und Heldenreisen

Pretty Woman funktioniert so. Star Wars ebenfalls. Und Harry Potter verzaubert uns dank einer unglaublich guten Story. So unterschiedlich die Protagonisten sein mögen, ihre Geschichte ist nach denselben Regeln konstruiert. Ob Julia Roberts versucht, das Fischbesteck richtig zu benutzen, Luke Skywalker durch fremde Galaxien reist oder Harry Potter gegen Lord Voldemort kämpft. Was auf den ersten Blick wie ein einzigartiges Schicksal aus dem Reich der Märchen und Romanzen aussieht, hat stets den gleichen Aufbau. Es ist immer eine Heldenreise. Wie im Märchen vom Aschenputtel, das von der armen Stieftochter zur strahlenden Königin wird.

Und wie schreibe ich eine Geschichte?

Prinzipiell besteht eine Geschichte aus drei Merkmalen, die durch eine logische Handlungsfolge verknüpft sind:

Es gibt eine Ausgangslage, in der ein Protagonist eine Sehnsucht in sich spürt oder einen Wunsch hat. Dann tritt ein Ereignis ein, das den Protagonisten zum Handeln animiert. Doch auf seinem Weg zum Ziel stellen sich ihm scheinbar unüberwindliche Hindernisse in den Weg. Die gilt es zu überwinden, sprich den Konflikt zu lösen, bevor der Protagonist in der Endsituation zum Ziel gelangt.

Die Story muss authentisch sein

Formulieren wir diese 3 Akte weiter aus, wird ersichtlich, welcher Handlungs- und Entwicklungsschritt an welchem Punkt einer Geschichte erfolgen sollte. Der amerikanische Schriftsteller Dan Wells verfeinerte die 3 Akte zu einer 7-Akt-Struktur. Diese Struktur lässt sich am Märchen vom Aschenputtel bestens erklären. Denn ob Märchen oder Unternehmensstory, eine gute Geschichte ist vor allem ‚authentisch‘. Das heißt, sie braucht einen überzeugenden, nachvollziehbaren Aufbau:

1. Der Aufhänger: Es braucht eine stimmige Einführung in die Geschichte. Im ersten Akt wird die Ausgangssituation skizziert: der Ort, an dem die Handlung spielt, die Hauptfiguren und deren Gegner. Der Konflikt wird aufbereitet. Das heißt, wir lassen ahnen, wie er aussieht. Im Falle des Aschenputtels sah das so aus: Die Hauptfigur ist ein ungeliebtes Stiefkind, das Erbsen aus der Asche sammeln muss. 

2. Erste Wendung: Die Ausgangssituation verändert sich und damit auch die Welt des Protagonisten. Der Konflikt offenbart sich: Aschenputtels Vater geht auf Reisen; seine Tochter bleibt mit Stiefmutter und Stiefschwestern allein zurück. Diese schikanieren das Aschenputtel, wo sie nur können. 

3. Erster Kniff: Die ‚Hauptdarstellerin‘ will sich aus dieser misslichen Situation befreien, doch ihre Lage ist schwierig und der Konflikt so groß, dass er zunächst nicht gelöst werden kann: Aschenputtel möchte auf die Feier des Prinzen gehen, um ihrer Situation zu entkommen. Das scheint zunächst völlig unmöglich, denn sie hat kein passendes Outfit.

4. Mittelpunkt: Die Lage spitzt sich so weit zu, dass sie handeln muss: Aschenputtel ist verzweifelt, sie will unbedingt zum Ball. Aber die listige Stiefmutter stellt ihr Hindernisse in den Weg, damit das auf keinen Fall gelingt. Glücklicherweise ist Aschenputtel mit den Tauben befreundet …

5. Zweiter Kniff: So leicht gelingt das Glück jedoch nicht. Der Druck auf Aschenputtel wird größer. Ihr erster Plan misslingt. Es bleibt kaum mehr Hoffnung. Dann schafft es die Protagonistin durch einen Zauber (der in keinem Märchen fehlt), an traumschöne Kleider zu kommen. Sie sieht aus wie eine echte Prinzessin und kann zum Ball gehen. Alles sieht gut aus, aber Schlag Mitternacht droht der Zauber zu verfliegen und Aschenputtel muss rechtzeitig nach Hause fliehen. Der Prinz sucht nach ihr, wird aber getäuscht und wählt die Stiefschwestern – die falschen Bräute!

6. Zweite Wendung: Zeit für den entscheidenden Entwicklungsschritt, für die Idee oder eine Erkenntnis. Es braucht etwas oder jemanden, der die Situation rettet. Im Märchen vom Aschenputtel sind es die Tauben, mit denen sie sich zuvor angefreundet hatte. Sie geben dem Prinzen den entscheidenden Hinweis, dass er getäuscht wurde. 

7. Auflösung: Das glückliche Ende. Der Hauptkonflikt wird gelöst: Der Prinz erkennt Aschenputtel als die wahre Königin seines Herzens und nimmt sie zur Frau. 

Spannend bis zum Schluss!

Diese sieben Schritte sind ein hilfreicher roter Faden für eine gute Story von Anfang bis Ende. Autor Dan Wells rät allerdings, gedanklich am Ende zu beginnen. Das heißt, Sie sollten bereits vorher überlegen, wie Ihre Geschichte ausgehen soll und um welche Botschaft es geht. Damit legen Sie gleichzeitig den Spannungsbogen fest. Denn im Laufe der Handlung sollte der Protagonist eine größtmögliche Entwicklung durchleben, vom armen Stiefkind zur strahlenden Königin beispielsweise.

Wer das Prinzip der sieben Akte erst einmal verinnerlicht hat, kann Geschichten konstruieren, die fesseln, überzeugen, berühren, hängen bleiben – kurz: die es verdienen, erzählt zu werden! Ein bisschen Phantasie kann dabei nicht schaden.

Foto: shapovalphoto / Adobe Stock 

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